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Präsident Dr. Rolf Gerlach beendet eine Sparkassen-Ära

Verabschiedung vor 350 Gästen in der Bochumer Jahrhunderthalle / NRW-Finanzminister und Bundesbankvorstand würdigen Verdienste

Münster (31. März 2017)

Nach 22 Jahren als Präsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe (SVWL) ist der letzte Arbeitstag vollzogen:
Dr. Rolf Gerlach ist heute in der Bochumer Jahrhunderthalle in den Ruhestand verabschiedet worden. 350 Gäste aus Politik und Verwaltung, Aufsicht, Kredit und Versicherungswirtschaft, Medien, Stiftungen und Kultur sowie viele weitere Wegbegleiter waren der Einladung des vorsitzenden Mitglieds der Verbandsversammlung, Dr. h.c. Sven-Georg Adenauer, gefolgt. Zu ihnen gehörten unter anderem die Landtagspräsidentin des Landes NRW, Carina Gödecke, NRW-Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans, Bundesbankvorstand Dr. Andreas Dombret, DSGV-Präsident Georg Fahrenschon sowie die Nachfolgerin im SVWL-Präsidentenamt, Prof. Dr. Liane Buchholz.

Mit dem 63-jährigen promovierten Volkswirt Dr. Rolf Gerlach geht einer der maßgeblichen Strategen und fundiertesten Kenner der deutschen Sparkassenorganisation. Zu seinen großen Verdiensten zählt ganz besonders die Fusion der Sparkassen-IT-Dienstleister zur Finanz Informatik (FI). Sie gilt als der bedeutendste Konsolidierungsschritt in der Finanzgruppe. Immer wieder trieb Gerlach die Organisation zu weiteren Konsolidierungsschritten an.

NRW-Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans blickte in einer sehr persönlichen Rede auf sieben Jahre gemeinsame Wegstrecke zurück. Wenn auch mit dem Kunstgriff, in seiner Rede eine fiktive Romanfigur geschaffen zu haben, skizzierte er Dr. Rolf Gerlach als hünenhafte, joviale Hauptperson, die sich durch "unglaublichen Wissensschatz und enormes Erinnerungsvermögen" auszeichnet. Gerlach sei in seiner Persönlichkeit und in seinen Fähigkeiten vor allem eines gewesen: immer absolut verlässlich. Dr. Walter-Borjans formulierte es so: "Das, was aus diesem scharfen Verstand entsteht, folgt einem immer verlässlichen Plan. Und es diente immer einer absolut überzeugten Interessensvertretung. Dafür kämpft er, dafür beißt er; opfert Interessen nie einem billigen Kompromiss." 

Zugleich sei Gerlach – bei aller Kantigkeit – nie kalt; er sei Mensch, Genießer, er sei der Kultur und der Kunst verbunden und in jeder Hinsicht stets eine raumfüllende Figur. Walter-Borjans weiter: "Es geht eine Ära zu Ende. Ich werde sie vermissen."

Der NRW-Finanzminister bezog noch einmal Stellung zum häufig diskutierten Thema der Fusion der Sparkassenverbände in NRW: "Ich stehe dazu, dass es die Fusion der Verbände nicht gegeben hat. Es sei zu deutlich, wie unterschiedlich strukturiert die beiden Sparkassen in den beiden Verbandsgebieten Rheinland und Westfalen-Lippe seien."

Dr. Andreas Dombret, Mitglied des Vorstands der Bundesbank, zeichnete das Bild von den Auswirkungen der europäischen Zinspolitik auf die Kreditwirtschaft. Er stellte klar: "Ich sehe zurzeit noch keine Hinweise, dass bestehende Trends abrupt enden oder sich gar umkehren können." Alle Handlungsfelder müssten Berücksichtigung finden. Dazu zählte er: "Zinsänderungsrisiken aktiv steuern, stabile Kapitalbasis und Kosteneinsparungsmaßnahmen." Zu letzteren gehören für ihn auch Zusammenschlüsse von Instituten. Sie seien "weiterhin eine ökonomisch sinnvolle Lösung".

Erstmals nahm er auch öffentlich Stellung zu Bestrebungen von EBA und EZB, die Anforderungen an die Qualifikation von Mitgliedern von Aufsichtsorganen in Finanzinstituten: Es sei richtig, dass die Aufsichtsbehörden sich mit diesen Fragen beschäftigen. "Aufsichts- und Verwaltungsräte sind ausgesprochen wichtige Gremien. Es ist deshalb entscheidend, dass ihre Mitglieder die richtigen Fragen stellen", so Dombret. Fachkenntnisse seien notwendige Grundvoraussetzung für die Ausübung eines Mandats im Verwaltungsrat. Er sehe angesichts der aktuellen Vorschläge bestehende Strukturen der Sparkassenorganisation nicht in Gefahr.

Der Bundesbankvorstand lobte Dr. Rolf Gerlach für seinen unermüdlichen Einsatz zum Wohl der westfälisch-lippischen Sparkassen, aber auch der Sparkassenorganisation insgesamt. Er bezeichnete ihn als "gradlinig und offen" und griff die Formulierung eines namentlich nicht genannten Urhebers auf: "Ein Mann von westfälischer Klarheit", der sich vor konfliktträchtigen Themen nie gescheut habe.

Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon griff ebenfalls Wesenszüge des westfälisch-lippischen Sparkassenpräsidenten auf: Gerlach, der inzwischen das dienstälteste Mitglied innerhalb der Gremien des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sei, habe sich immer mit ganzer Kraft für die Belange der Sparkassen eingesetzt: zuletzt für die Erneuerung der Strukturen und Entscheidungswege der Sparkassenorganisation.

Fahrenschon lobte Gerlachs Weitsichtigkeit, die schließlich zu der so wichtigen Fusion zum zentralen IT-Dienstleister Finanz Informatik geführt habe. Er sei ein Mann, der nüchtern analysiere, klar formuliere und "das als richtig Erkannte mit aller Kraft durchzusetzen versucht". Er sei in Verhandlungen hammerhart. Ein Interessenvertreter, wie ihn sich die Sparkassen in Westfalen-Lippe nicht besser wünschen könnten: kompetent, leidenschaftlich. Fahrenschon betonte auch: "Das, was gemeinhin gesagt wird, wir seien größte Feinde, stimmt ja nicht. Was aber stimmt ist: Herr Gerlach hat es den DSGV-Präsidenten nie leicht gemacht." Letztlich sei aber genau dies auch seine Aufgabe als Interessensvertreter.

Alle Redner erinnerten daran, dass Gerlach seine Energie nicht nur seinem Hauptamt, sondern auch zahlreichen ehrenamtlichen Aufgaben gewidmet habe. Das Ergebnis sei zum Beispiel Deutschlands einziges und hochangesehenes Picasso-Museum. Sven-Georg Adenauer ergänzte: Dokumentiert sei sein Wirken für das Gemeinwohl unter anderen in den beiden Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.

Gerlach habe "Überragendes geleistet", so Adenauer, der dafür beispielhaft auch auf den Zusammenschluss zur Sparkassenakademie NRW verwies. Unter Gerlachs Präsidentschaft sei ein großartiges Zentrum für Aus- und Fortbildung entstanden. Er habe zudem die herausfordernden Umstände der Kreditwirtschaft schlicht zur "neuen Normalität" erklärt. "Normalität kann man nicht wegjammern. Man muss sie abarbeiten", so Adenauer. Gerlach habe die Sparkassen durch alle Krisen gelotst und dabei geholfen, auch schwere Aufgaben zu bewältigen. Heute könnten die Sparkassen in Westfalen-Lippe mit ihren Ergebnissen glänzen: "mit einem starken Betriebsergebnis und mit starkem Eigenkapital und rekordverdächtigen Spenden, Sponsorings und Ausschüttungen".

Der scheidende Präsident bedankte sich für die Würdigungen, die Verabschiedung und die Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Er tat das in Form einer gedanklichen Reise durch jene 165 Meter Bücher, die sich im Verlauf seines Lebens angesammelt hatten und vielfach Facetten seiner beruflichen Pflichten und Aufgaben widerspiegeln. Gerlach sagte: "Vielleicht ist genau das auch der Grund, warum Freude am Lesen und Verbandsarbeit so sehr zusammen gehören: Wir müssen unsere Ziele, Positionen und unsere Überzeugungen formulieren können. Sprachlich prä­zise. Inhaltlich genau. Wir Sparkassen­menschen sind nicht nur Menschen der Zahlen. Sondern – vielleicht vor allem – Menschen des Wortes."

Für seine Verdienste für die Sparkassen in Westfalen-Lippe, aber auch für die Sparkassenorganisation auf Bundesebene, zeichnete Sven-Georg Adenauer den scheidenden Präsidenten abschließend mit der Dr.-Johann-Christian-Eberle-Medaille aus. Sie ist die höchste Ehrung, die die westfälisch-lippischen Sparkassen zu vergeben haben.

Die Gäste in der Bochumer Jahrhunderthalle verabschiedeten Dr. Rolf Gerlach mit minutenlangem Beifall.