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Liane Buchholz erläutert Eckpunkte ihrer zweiten Amtszeit

Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, erläutert im Interview mit dem Handelsblatt wegweisende Eckpunkte ihrer zweiten Amtszeit, die am 1. April 2022 startet: Eine Bad Bank für kriselnde Landesbanken, gezielte gruppeninterne Zusammenschlüsse und die Aufgeschlossenheit gegenüber Kryptowährungen nach Einführung entsprechender Regulatorik.

 

Hier der gesamte Artikel:


Initiative aus Westfalen - Sparkassen prüfen Bad Bank für kriselnde Landesbanken

Die westfälische Sparkassenpräsidentin Liane Buchholz will verhindern, dass öffentlich-rechtliche Spitzeninstitute bei Schieflagen stets gestützt werden.

Münster. Die Angst vor einer Schieflage von Landesbanken ist im öffentlich-rechtlichen Bankensektor auch 15 Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise allgegenwärtig. Die Sparkassen mussten ihre kriselnden Spitzeninstitute schließlich mehrfach mit Finanzspritzen vor dem Aus retten – zuletzt 2019 die NordLB.

Damit sich dies nicht wiederholt, hat die westfälische Sparkassenpräsidentin Liane Buchholz nun eine Initiative gestartet, die für den öffentlich-rechtlichen Finanzsektor einer Revolution gleichkommt: Buchholz plädiert für die Schaffung einer Bad Bank, mit deren Hilfe Landesbanken künftig leichter abgewickelt werden könnten.

„Wenn ein Institut in unserer Gruppe in Schwierigkeiten gerät, müssen wir das Kapital stärken. Andere Optionen haben wir nicht“, sagte Buchholz im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Wir brauchen deshalb zusätzliche Instrumente, um im Zweifel auch abwickeln zu können.“

Sie habe deshalb in der Runde der Sparkassen-Regionalpräsidenten vorgeschlagen, „eine Abwicklungseinheit aufzubauen, die im Notfall Portfolios von Instituten übernehmen und diese dann über die Zeit abbauen kann“. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) prüfe dies nun. „So eine Bad Bank nutzt am Ende des Tages in einer Krise der gesamten Gruppe.“

Grundsätzlich könnte eine solche Abwicklungseinheit nicht nur einer in Not geratenen Landesbank ausfallgefährdete Kredite oder lang laufende Geschäfte abnehmen, sondern auch anderen Verbundunternehmen oder Sparkassen. Letztere werden bei Problemen jedoch in aller Regel frühzeitig mit benachbarten Sparkassen zwangsfusioniert und stellen somit für die gesamte Organisation kein Risiko dar.

Aufsicht fordert Umbau des Sicherungssystems

Die öffentlich-rechtlichen Institute sind bereits seit den 1970er-Jahren durch die sogenannte Institutssicherung miteinander verflochten. Sie sieht vor, dass sich Sparkassen, Landesbanken und Landesbausparkassen im Krisenfall gegenseitig stützen.

Die Sparkassen müssen ihr Sicherungssystem auf Druck der Finanzaufsicht grundlegend umbauen und haben für die Umsetzung der Reformen noch bis Ende nächsten Jahres Zeit. Insider gehen davon aus, dass vorher auch keine Entscheidung über den Aufbau einer Bad Bank fallen wird.

Innerhalb der Sparkassengruppe sehen einige den Vorschlag aus Westfalen skeptisch, weil durch den Aufbau einer Abwicklungsbank Fixkosten entstünden, auch wenn es keine Notsituationen gibt. Andererseits haben die beiden anderen Bankensektoren in Deutschland in ihren Sicherungssystemen gute Erfahrungen mit eigenen Abwicklungseinheiten gemacht. Die Genossenschaftsbanken haben die Bankaktiengesellschaft (BAG), die privaten Geldhäuser die EIS-Einlagensicherungsbank.

Letztere wickelte beispielsweise Kreditportfolios des Bankhauses Wölbern und der Valovis Bank ab und ermöglichte damit eine vergleichsweise kostengünstige Schließung der Institute. 2015 übernahm die private Einlagensicherung den strauchelnden Staats- und Immobilienfinanzierer Düsselhyp und verkaufte ihn 2018 weiter an die Aareal Bank.

Dass der Vorschlag für eine öffentlich-rechtliche Bad Bank aus Westfalen kommt, ist kein Zufall. Viele Sparkassen in Nordrhein-Westfalen sind nach wie vor traumatisiert vom Ende der WestLB und wollen weitere Belastungen durch Landesbanken mit allen Mitteln verhindern. Die einst größte Landesbank musste 2012 auf Druck der EU abgewickelt werden.

Buchholz wird als neue DSGV-Chefin gehandelt

Buchholz ist seit fünf Jahren Sparkassenpräsidentin in Westfalen-Lippe. Ihr Verband vertritt gut 50 Sparkassen. Zuvor war sie Hauptgeschäftsführerin beim Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, dem auch die Landesbanken angehören.

Die 57-Jährige gilt als einflussreich und wird innerhalb der Sparkassengruppe als mögliche Nachfolgerin von DSGV-Chef Helmut Schleweis gehandelt. Sie selbst hält sich zu dem Thema aktuell jedoch bedeckt. „Diese Frage steht heute nicht an, denn die Amtszeit von Helmut Schleweis geht noch bis Ende 2023“, erklärte sie.

Die Gruppe werde im kommenden Jahr entscheiden, was die Zukunftsaufgaben seien und in welcher personellen Aufstellung sie angegangen würden. „Mein Fokus liegt auf den Sparkassen meiner Heimatregion, die vor genau den gleichen Herausforderungen stehen wie alle anderen auch.“

Beim Provinzial-Konzern, der sich durch die Fusion der Sparkassenversicherer Provinzial Rheinland und Provinzial NordWest gebildet hat, stünden nach dem Zusammenschluss und einem schadensreichen Jahr 2021 wichtige Weichenstellungen an, sagte Buchholz. Bei den Bausparkassen seien die Fusionsgespräche zwischen der LBS West und der LBS Nord „auf einem guten Weg“.

Plädoyer für Bündelungen in der Sparkassen-Finanzgruppe

Mehr Konsolidierung würde aus Sicht von Buchholz auch der Sparkassen-Finanzgruppe guttun, die führend auf dem deutschen Bankenmarkt ist. Aktuell gibt es neben 367 lokal verankerten Sparkassen bundesweit noch acht Landesbausparkassen, neun öffentliche Versicherer und vier große Landesbanken.

„Wir haben die Vorschläge von Helmut Schleweis zu einer Konsolidierung unter den öffentlich-rechtlichen Spitzeninstituten immer unterstützt, aber derzeit lassen sie sich in der Sparkassen-Finanzgruppe nicht umsetzen“, sagte Buchholz. „Wenn wir auf Sicht kein Zentralinstitut schaffen, brauchen wir eine stärkere Professionalisierung.“

Aus ihrer Sicht gibt es entlang der Wertschöpfungskette der Sparkassengruppe „auf nahezu jeder Ebene zu viele Beteiligte, die sich um die gleichen Themen kümmern“. So existierten beispielsweise zwei Unternehmen, die für die Sparkassen Kreditkartenzahlungen abrechnen. Dabei handelt es sich um die Firmen Bayern Card-Services und Pluscard.

„Innerhalb unserer Finanzgruppe gibt es viele ähnliche Beispiele, wo Zusammenlegungen oder die Bündelung von Kompetenzen sinnvoll wären“, sagte Buchholz. „Diese Themen müssen wir angehen. Das ist mühselig und zunächst kein großer Wurf, wie es die Schaffung eines Zentralinstituts wäre. Aber in der Summe können wir auf diese Weise einiges erreichen.“

Offen für das Angebot von Kryptowährungen

Im Gegensatz zu anderen Sparkassenvertretern ist Buchholz auch offen dafür, dass die Institute ihren Kundinnen und Kunden Anlagen in Kryptowährungen ermöglichen. Sie verweist darauf, dass laut Erhebungen des Sparkassen-IT-Dienstleisters Finanz Informatik (FI) jeder zehnte Sparkassenkunde schon mal Kryptoassets gekauft hat.

„Insgesamt geht es dabei um Investitionen in einem mittleren dreistelligen Millionenbereich“, betonte Buchholz. „Wir Sparkassen sind ein Spiegelbild der Gesellschaft – und wir sollten unseren Kunden diese Zukunftstechnologie nicht vorenthalten.“

Damit stellt sich Buchholz gegen Sparkassenpräsident Schleweis, der das Angebot von Kryptowährungen ablehnt. „Ich kann mir persönlich nicht vorstellen, dass wir Kunden dazu animieren, Kryptowährungen wie Bitcoin zu kaufen“, sagte der DSGV-Chef vor zwei Wochen.

Er verwies auf die hohe Volatilität, die Anleger aushalten müssten. Gerade der Bitcoin, die bekannteste Kryptowährung, schwankt immer wieder heftig. „Es ist ein bisschen wie der Gang zum Spielcasino. Das wird nicht mit Beratung der Sparkassen stattfinden.“ Auch der bayerische Sparkassenpräsident Ulrich Reuter hat Kryptowährungen als Geldanlage für Sparkassenkunden kürzlich eine Absage erteilt.

Aus Buchholz’ Sicht braucht es erst mehr Regulierung, bevor Sparkassen ihren Kunden Kryptowährungen anbieten können. „Aber wenn es diese Regulierung gibt, müssen wir offen dafür sein. Die Sparkassen könnten Verwahrlösungen und den Handel mit Kryptowährungen anbieten, und sie könnten Kunden im Rahmen finanzwirtschaftlicher Bildung auch über Chancen und Risiken dieser Assetklasse informieren.“ Wenn die Volatilität bei Kryptowährungen sinkt, würde Buchholz auch nicht ausschließen, „dass einige Privatanleger auf Kryptowährungen als Portfoliobeimischung setzen“.

Die Volks- und Raiffeisenbanken, die größten Konkurrenten der Sparkassen, sind bei dem Thema schon weiter und testen bereits Produkte zum Handel von Kryptowährungen. Die Prototypen werden vom genossenschaftlichen Spitzeninstitut DZ Bank und der Wertpapierbank DWP entwickelt. Die Präsidentin des Genossenschaftsverbands BVR, Marija Kolak, hält es für möglich, dass die Banken im Laufe des kommenden Jahres damit starten – wobei jedes genossenschaftliche Kreditinstitut das für sich selbst beschließt.

Nach Buchholz’ Einschätzung ist es für die Zukunft der Sparkassen essenziell, „dass wir bei der Digitalisierung des Bankgeschäfts wettbewerbsfähig bleiben“. Damit dies gelingt, solle der IT-Dienstleister FI noch stärker als Impulsgeber auftreten, schließlich gebe es dort innerhalb der Gruppe die größte Digitalisierungsexpertise. „Die FI sollte mehr Vorschläge unterbreiten, die dann im Rest der Gruppe diskutiert werden.“

Aktuell nutzen von den 50 Millionen Sparkassenkunden rund zwei Drittel Onlinebanking – Tendenz steigend. Die Sparkassen hätten in den vergangenen Jahren viel in die Sparkassen-App investiert, die sich im Vergleich zur Konkurrenz durch eine hohe Stabilität auszeichne, sagte Buchholz. „Das ist eine gute Ausgangsbasis.“

Quelle: Sparkassen prüfen Bad Bank für kriselnde Landesbanken (handelsblatt.com)

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