Bereits zum fünften Mal wurde nun auf dem diesjährigen Westfalentag am 3. Juni 2023 in Höxter „Rolle vorwärts – der Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen“ verliehen. Mit dieser Auszeichnung würdigt das Kuratorium des WHB seit 2015 in zweijährigem Rhythmus besonders vorbildliches ehrenamtliches Engagement von Heimatakteurinnen und -akteuren in Westfalen.
Zum einen wird ein impulsgebendes Projekt für die Heimatarbeit in Westfalen prämiert. Zum anderen wird ein Nachwuchspreis an ein außergewöhnlich engagiertes Projekt von, für und/oder mit jungen Menschen vergeben. Dotiert ist der Preis mit jeweils 4.000 Euro. Die Auszeichnungen werden in der Kategorie Innovation durch die Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung sowie in der Kategorie Nachwuchs durch die Sparkassen in Westfalen-Lippe gestiftet.
Unter den 47 Bewerbungen, die ein vielfältiges Themenspektrum abdecken, hat die Jury, gebildet aus Mitgliedern des Kuratoriums des Westfälischen Heimatbundes, ein jeweils einstimmiges Votum für zwei Projekte getroffen.
In der Kategorie Innovation überzeugte der Arbeitskreis Nieheimer Flechthecken im Heimatverein Nieheim e. V. aus dem Kreis Höxter mit seinem gleichnamigen Projekt „Nieheimer Flechthecken“.
„Mit seinem außergewöhnlichen Engagement für die Nieheimer Flechthecken verbindet der Heimatverein Nieheim traditionelle Handwerkskunst und den Einsatz für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur mit einer vorbildlichen Bildungsarbeit hinsichtlich der identitätsstiftenden Bedeutung von Kulturlandschaft. Das ist für uns eine echte Investition in die Zukunft“, so der Vorstandsvorsitzende des Provinzial Konzerns und Kuratoriumsvorsitzende des Westfälischen Heimatbundes Dr. Wolfgang Breuer. „Dieses sinnstiftende und gut übertragbare Projekt – das überdies eine ausgezeichnete Klimaschutzmaßnahme ist – kann anderen Initiativen wertvolle Anregungen geben.“
Vom Menschen geprägte Kulturlandschaften sind wesentlicher Teil des Lebensraums. Alte Formen von Landschaften verschwinden jedoch zunehmend. Die einst in Europa weit verbreiteten Flechthecken waren und sind ein wahres Multitalent. Flechthecken grenzten als lebende Zäune nicht nur Grundstücke voneinander ab, sondern spendeten Schatten für das Vieh, lieferten Holz und zusätzliche Nahrung sowie Futter. Sie bieten noch heute einen großen ökologischen Mehrwert als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, schützen als Windschutz vor Bodenerosion und haben einen kühlenden Effekt.
Die Technik des Heckenflechtens unter Nutzung von gewachsenen Naturmaterialien hat sich im Raum Nieheim seit 1650 erhalten. Insbesondere auch dem Engagement des Heimatvereins Nieheim ist es zu verdanken, dass die Anlage und Pflege von Flechthecken sowohl im Landesinventar als auch im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragen ist. Nicht umsonst hat der Heimatverein Nieheim auch kürzlich – auf Empfehlung des WHB – den neuen Preis für nachhaltiges Heimatengagement auf Bundesebene erhalten.
Den Nachwuchspreis von „Rolle vorwärts“ erhielt der Verein für Herforder Geschichte e. V. für sein Projekt„Gertrud – Ein Theaterstück“.
„Mit dem Projekt wurde Kultur für junge Zielgruppen auf attraktive Weise erlebbar gemacht und von ihnen selbst aktiv gestaltet. In einer stark durch digitale Medien geprägten Welt sind solche kreativen Formate, die auf Interaktion setzen, eine tolle Chance, um für Geschichte zu begeistern und Selbstwirksamkeit zu erfahren“, erläutert Prof. Dr. Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe und Mitglied im Kuratorium des WHB. „Besonders freuen wir uns über die Bereitschaft des Vereins, sein Wissen an Interessierte weiterzugeben und seine Erfahrungen impulsgebend in die Engagementlandschaft zu tragen.“
Das Theaterstück vermittelt ein Kapitel mittelalterlicher Geschichte aus dem frühen 13. Jahrhundert, das nicht allein von lokaler Bedeutung ist, sondern mit Gertrud II. zur Lippe eine der damals einflussreichsten Persönlichkeiten im mittelalterlichen Westfalen und eine der mächtigsten Frauen ihrer Zeit in den Blick nimmt Die Äbtissin der Reichsabtei Herford war Bauherrin der Münsterkirche und Mitgründerin der Herforder Neustadt. Auf diese Weise wird auch der Frauen- und Geschlechtergeschichte ein besonderes Augenmerk gewidmet.
Die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen der Otto-Hahn-Schule, Städtische Ganztagsrealschule in Herford, haben sich der Herausforderung gestellt, ein Theaterstück über diese historische Persönlichkeit auf die Bühne zu bringen. Sie haben kein vorgefertigtes Stück umgesetzt, sondern die Inhalte mitentwickelt und die Dialoge weitestgehend selbst konzipiert. Die ganze Jahrgangsstufe war letztlich bei der Realisierung eingebunden vom Textilkurs über den Kunst- bis hin zum Musikkurs. Die Corona-bedingt verschobene Aufführung am 3. Februar 2023 war ein großer Erfolg.
Die nächste Ausschreibung von „Rolle vorwärts“ – dem Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen erfolgt in 2025.