Finanz- und Kreditwesen

„Weichzeichner raus aus den Prognosen“

Liane Buchholz über die Inflationsfolgen für Sparer und Transformation

Inflationsraten von derzeit deutlich über 8 %, wie sie im Juni für die Europäische Union ermittelt wurden, stellen die Menschen in Deutschland vor große Herausforderungen: Die Kosten für Energie, Lebensmittel und andere Produkte des täglichen Bedarfs belasten die Budgets der privaten Haushalte enorm. Das hat auch langfristig Folgen, denn die hohen Inflationsraten könnten dafür sorgen, dass künftig 60 % der privaten Haushalte nichts oder nur sehr wenig Geld zum Sparen oder für die Altersvorsorge übrigbehalten. Schon im vergangenen Jahr ging es rund 40 % der Haushalte so.

Die Präsidentin des Sparkassenverbands Westfalen-Lippe, Prof. Dr. Liane Buchholz, hat darum in einem Beitrag für die Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen noch einmal auf die Dringlichkeit einer Zinsanhebung durch die Europäische Zentralbank hingewiesen. Der gesamte Text ist hier nachzulesen:

https://bit.ly/3cs53be (Paywall)

Die Wechselwirkung von Geldpolitik und Inflation führt zu einer historisch negativen Realverzinsung von zurzeit -7,2 %. Das bedeutet nichts anderes, als dass derzeit jedem 100-Euro-Schein jährlich 7,20 Euro Kaufkraft entzogen werden. Glücklicherweise reagierten viele Sparkassenkunden richtig, so Buchholz in ihrem Beitrag. Sie legten ihr Geld in Wertpapieren an. Angesichts der kriegsbedingten Turbulenzen an den Aktienmärkten drohe der Boom des vergangenen Jahres und des ersten Halbjahres 2022 allerdings abgewürgt zu werden.

Es sei jetzt eine der wichtigsten Berateraufgaben, Kunden von der Vorteilhaftigkeit langfristiger Wertpapieranlagen zu überzeugen. Dies sei umso bedeutsamer, da die Geldanlage in Wohnimmobilien angesichts gestiegener Preise und gleichzeitig gestiegener Zinsen für die Immobilienfinanzierung deutlich teurer und damit für Normalverdiener zur Herausforderung geworden sei.

Die aktuelle Entwicklung werfe gleichzeitig die Frage auf, ob die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in der Zukunft noch finanzierbar sei. Sparkassenpräsidentin Prof. Dr. Liane Buchholz spricht sich darum für einen Transformationsfaktor bei Finanzierungen aus, mit dem Konditionen niedrig gehalten und zudem höhere Kreditvolumina bereitgestellt werden könnten. 

Buchholz fordert entschiedene Maßnahmen und klares Handeln von EZB und Politik. Man müsse sich mit Blick in die Zukunft nun ehrlich machen: „Der Weichzeichner muss raus aus den Wachstumsprognosen“, so die Präsidentin, die davon ausgeht, dass die Folgen des Kriegs gegen die Ukraine, der Inflation und der Lieferkettenprobleme erst 2023/2024 in den Bankbilanzen sichtbar werden. Von den aktuellen Zahlen dürfe man sich hingegen nicht blenden lassen.   

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