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Finanzielle Bildung in Westfalen-Lippe: Es tut sich einfach nichts

Aufklärungsniveau über finanzielle Themen und wirtschaftliche Zusammenhänge stagniert seit Jahren trotz Wirtschaft in der Schule.

Die Menschen in Westfalen-Lippe schätzen ihr eigenes Wissen um wirtschaftliche Zusammenhänge sowie Geld und persönliche Finanzen auch im Jahr 2022 als stark ausbaufähig ein. Das belegt die jüngste Studie des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe zur ökonomischen Bildung in der Region. Mehr als zwei Drittel der Befragten gaben an, dass ihre wirtschaftlichen Kenntnisse nur befriedigend oder schlechter sind. Mehr als die Hälfte der Befragten sahen das genauso in Bezug auf die Themen „Geld“ und „persönliche Finanzen“. Beide Einordnungen variieren nur minimal zu denen aus den Jahren 2020 und 2018. Ein in die Studie integrierter Wissenstest belegt die Selbsteinschätzung der Befragten.

Potenzial der jungen Generation ist da

Ist es vor allem die junge Gruppe der 16- bis 21-Jährigen, die sich mangelhaft ökonomisch befähigt fühlt, so ist sie aber auch jene Generation, die das stärkste Interesse an den Themen „Geld“ und „persönliche Finanzen“ hat. Nur 5 % bekennen als Grund fehlender Bildung, kein Interesse zu haben. Bei den 56- bis 65-Jährigen sind es 25 %.

Ähnlich sieht es im Bereich der „allgemeinen wirtschaftlichen Bildung“ aus. Hier bekennen 23 % der 56- bis 65-Jährigen, kein Interesse am Thema zu haben, aber nur 12 % der 16- bis 21-Jährigen. Diese offene Haltung der Generation Z und ihr Bedarf an ökonomischer Aufklärung gilt es zu heben.

Wirksamkeit des Schulfachs Wirtschaft ist ausbaufähig

Die Befragten geben die fehlende Schulbildung im Bereich Wirtschaft und Finanzen als einen der Hauptgründe dafür an, warum das eigene Wissen so wenig ausgeprägt ist. Demnach würde das Fach Wirtschaft, welches stufenweise seit dem Schuljahr 2019/2020 in NRW eingeführt wird, seine Ziele bisher noch nicht erreichen.

Allerdings gilt die Schule, aus Sicht der Befragten, nach wie vor als die wesentlichste Wissensvermittlerin ökonomischer Themen. Fast 80 % gaben dies an. Auf Platz zwei und drei gelten öffentliche Institutionen sowie Medien als Quelle der Wissensvermittlung über „allgemeine wirtschaftliche Zusammenhänge“. Für das Themenfeld „Geld“ und „persönliche Finanzen“ sind dies, neben der Schule, auch Banken und Sparkassen sowie Familien.

„Unsere Studie, die wir jetzt zum dritten Mal durchgeführt haben, belegt: Es tut sich einfach nichts. Der Status quo in Sachen finanzieller Bildung in Westfalen-Lippe befähigt die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger nicht zu mündigen Finanzentscheidungen. Daran hat auch die Einführung des Schulfachs Wirtschaft bislang noch nichts ändern können. Aber es braucht auch Zeit, bis Schule hier wirksam werden kann“, so Professorin Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe. Sie mahnt: „Es gilt, am Ball zu bleiben und aufzuklären – in der Schule, in der Politik, aber auch in der Wirtschaft. Wissen über ökonomische Zusammenhänge ist ein unbezahlbares Gut. Das zeigt sich auch jetzt – in der einschneidendsten Krise seit Jahrzehnten, denn gerade jetzt gilt es auf negative Realverzinsung, unruhige Börsen und gestiegene Immobilienpreise klug zu reagieren. Dabei stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sparkassen als Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung.“

Aufklärungsmaterial ist vorhanden

Die Sparkassen-Finanzgruppe bietet seit jeher ein niederschwelliges Angebot zur finanziellen Aufklärung an. Die Informationen des Beratungsdienstes „Geld und Haushalt“ sind kostenlos (www.geldundhaushalt.de). Auch hilfreiches Lehrmaterial für das Schulfach Wirtschaft ist ohne Hürde erhältlich (www.sparkassen-schulservice.de). Der SVWL selbst unterstützt darüber hinaus seit einigen Jahren die studentische Initiative „The Finance Class“. Diese entlastet Lehrerinnen und Lehrer und klärt ehrenamtlich in Schulen über Themen der Finanziellen Bildung auf (www.thefinanceclass.org). Jüngst ergänzt wird das Info-Portfolio durch den YouTube-Kanal „Mehr als Geld“ der Sparkassen-Finanzgruppe, der Finanzwissenshappen kurzweilig und eingängig erklärt (www.youtube.com/c/MehralsGeld).

Mit steigendem Alter steigt das Niveau wirtschaftlicher Kenntnisse

Zumindest eine positive Entwicklung lässt sich mit Blick auf die Befragung durch den Sparkassenverband Westfalen-Lippe festhalten: Die Einschätzung des eigenen ökonomischen Wissensstandes sowie die tatsächlichen Kenntnisse verbessern sich mit dem Alter. Das mag jedoch vor allem an der wachsenden Verantwortung und den wachsenden finanziellen Mitteln eines jeden Einzelnen liegen.

Aber auch die aktuelle Krise hat dazu ihren Beitrag geleistet. Immerhin 88 % der Befragten ordneten den Begriff „Inflation“ korrekt zu. Im Jahr 2020 lag die Quote richtiger Antworten „nur“ bei 67 %.

Nach 2018 und 2022 hat der SVWL die Studie „Ökonomischen Bildung in Westfalen-Lippe“ im Jahr 2022 zum dritten Mal anlässlich des Weltspartages durchgeführt. Ziel ist es, den ökonomischen Wissensstand der Menschen in der Region zu ergründen. Mit der Studie beauftragt wurde das Umfrageinstitut EARSandEYES aus Hamburg.