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Mittelstand in NRW erzielt bei Digitalisierung kaum Fortschritte

Sparkassen-Digitalisierungsindex zeigt Nachholbedarf auf / Defizite auch bei nachhaltiger Transformation

Die kleinen und mittleren Unternehmen in Nordrhein-Westfalen haben bei der Digitalisierung weiterhin Nachholbedarf. Sie erreichen auf einer Maximalskala von zehn Punkten im Durchschnitt lediglich einen Indexwert von 4,5 Punkten. Das sind die Ergebnisse des Digitalisierungsindex NRW 2022 – einer repräsentativen Studie, die der Sparkassenverband Westfalen-Lippe bei der Fachhochschule des Mittelstands Bielefeld (FHM) in Auftrag geben und heute in Ahaus im Rahmen einer Hybrid-Konferenz vorgestellt hat.

Kleine und mittlere Unternehmen haben sich damit im Vergleich zur letzten Untersuchung aus dem Jahr 2020 kaum weiterentwickelt – damals betrug der Indexwert 4,2 Punkte. Mehr als die Hälfte der Unternehmen sind als eher wenig (34,4 Prozent) oder eher nicht (22,8 Prozent) digitalisiert zu bezeichnen. Nur 12 Prozent der Unternehmen sind eher digitalisiert, lediglich 1,4 Prozent werden als stark digitalisiert eingestuft. Die Unternehmen begründen die Entwicklung damit, dass die Kosten als zu hoch angesehen werden und ein Mehrwert nicht zu erkennen sei.

Die FHM hat den Index wie im Jahr 2020 für acht Branchen ermittelt. Das Baugewerbe (5,6 Punkte) und die industrienahen Dienstleistungen (5,2 Punkten) erreichen die vergleichsweise höchsten Werte. Die Branchen Energie /Wasser/Abwasser/Entsorgung und Handel kommen jeweils auf 4,8 Punkte. Die Industrieunternehmen erreichen einen Indexwert von 4,3 Punkten. Der Digitalisierungsstand in der Gastronomie/Hotellerie, im Sozial- und Gesundheitswesen (jeweils 3,8 Punkte) und im Handwerk (3,3 Punkte) ist eher gering.

Insgesamt sind große mittelständische Unternehmen (250 - 499 Mitarbeitende) mit einem Indexwert von 6,7 stärker digitalisiert als mittelgroße Unternehmen
(50 - 249 Mitarbeitende/Indexwert 5,5) und kleine Unternehmen (10 - 49 Mitarbeitende/ Indexwert 5,1).

Der Sparkassenverband hat in diesem Jahr neben der Digitalisierung erstmals auch den Stand der Transformation der kleinen und mittleren Unternehmen in Nordrhein-Westfalen hin zu mehr Nachhaltigkeit untersuchen lassen. Die Ergebnisse zeigen: Auch in diesem Bereich gibt es deutlichen Nachholbedarf. Insgesamt erreichen die Unternehmen 4,9 von zehn möglichen Punkten. 

Die Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, Professorin Liane Buchholz, erläutert, warum Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammen betrachtet werden müssen: „Digitale Technologien und digitales Know-how entscheiden in der heutigen Arbeits- und Wirtschaftswelt über die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit von Unternehmen“, so Buchholz. Die Unternehmen müssten jetzt digital werden, ein weiteres Abwarten sei nicht zu empfehlen. „Digitalisierung und Nachhaltigkeit nehmen im Transformationsprozess wechselseitig aufeinander Einfluss. Digitale Technologien können die nachhaltige Entwicklung in vielen Bereichen unterstützen und beschleunigen.“ Darum seien Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Transformationsprozess untrennbar miteinander verbunden.

Studienergebnisse Digitalisierung

Die Digitalisierung zeigt sich in den Unternehmen am ehesten in Form von IT-Infrastruktur – hier beträgt der Indexwert 6,2 Punkte. Die Unternehmen legen großen Wert auf IT-Sicherheit (Indexwert 7,0). In 70 Prozent der Unternehmen sind Dokumente und Schriftstücke digitalisiert. Mobiles Arbeiten oder Arbeiten von zu Hause ist bei einem Drittel der Unternehmen nicht möglich, weil kein Zugriff auf die Systeme von außen zugelassen wird.

Am wenigsten nutzen die Unternehmen digitale Potenziale im Bereich der Wertschöpfung. Elektronische Rechnungsverwaltung oder Zahlungsabwicklung sind noch nicht überall Standard. Ein Drittel der Unternehmen nutzt keine digitale Unterstützung in der Fertigung oder Leistungserstellung. Knapp zwei Drittel der Unternehmen haben zudem keine Vertriebsplattform. Technologien wie Virtual Reality und Künstliche Intelligenz sind noch eher unterrepräsentiert: Nur zehn Prozent der Unternehmen setzt diese Technologien schon viel oder sehr viel ein.

Studienergebnisse Nachhaltigkeit

Mit einem Indexwert von 4,9 gelten die kleinen und mittelständischen Unternehmen in NRW lediglich als teilweise nachhaltig transformiert. Die ökologische Nachhaltigkeit ist dabei am wenigsten ausgeprägt (4,2 Punkte). Mehr als ein Viertel der befragten Unternehmen achtet nicht darauf, dass seine Lieferketten einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck aufweisen. Die soziale Nachhaltigkeit ist am stärksten ausgeprägt (6,1 Punkte). Über 90 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie viel bis sehr viel auf einen fairen Umgang mit ihren Mitarbeitenden achten. Auch in der ökonomischen Nachhaltigkeit (4,5 Punkte) gibt es Handlungsbedarf: Bei fast jedem fünften Unternehmen gibt es keine klare Nachhaltigkeitsstrategie, die formuliert und verfolgt wird.

v.l.n.r.: Prof. Dr. Liane Buchholz, Friedel Heuwinkel, Prof. Dr. Ellena Werning

v.l.n.r.: Andreas Löbbe (Moderator u. Leiter Kommunikation, SVWL), Carsten Dreyer (GF Dreyer GmbH - Lengerich), Kerstin Guhlemann (Koordinatorin, SfS TU Dortmund), Prof. Dr. Liane Buchholz (Präsidentin, SVWL), Prof.Dr. Hans Jörg Hennecke (Haupt-GF HANDWERK.NRW); Anja Steinbeck (Leiterin, Mittelstandscampus NRW), Prof. Dr. Ellena Werning (Wissenschaftl. Projektleitung Digitalisierungsindex NRW, FHM), Friedel Heuwinkel (Leiter, IfM/FHM), Patrick Mümken (Leiter Vertrieb u. Kommunikation, Flexo Raumsysteme GmbH - Vreden)